Justin Richel

Vita

1979 geboren in Brunswick, New Jersey (USA) lebt und arbeitet in Maine (USA) 2006-07 Fine Arts Work Center Fellowship, Provincetown, Massachusetts 2005-06 Fine Arts work Center Fellowship, Provincetown, Massachusetts 2001 People's Heritage Savings Bank, Endowed Scholarship 2000 Harvey Flaws Memorial, Endowed Scholarship

Ausstellungen

Einzelausstellungen 2012 Threshold, Ross+Ross Galerie, Stuttgart, 2008 "Rise and Fall", Galerie Voss- Düsseldorf Neapolitan, Whitney Art Works, Portland, ME 2007 "For the Love of Country", Wings Projects Art Space, St-Prex, Switzerland Justin Richel, Hudson D. Walker Gallery, Provincetown MA 2006 "Justin Richel", Hudson D. Walker Gallery, Provincetown MA Gruppenausstellungen (Auswahl) 2013 Crux, Two Person exhibition with Shannon Rankin, June Fitzpatrick Gallery, Portland, ME This Flat Earth, Embajadores con Provisiones, Madrid, ES & Rose Contemporary, Portland, ME 2012 Cause and Effect, Marshall University, Huntington, WV 2011 The Question of Drawing, Ogunquit Museum of American Art, Ogunquit, ME Wall Works, DeCordova Sculpture Park & Museum, Lincoln, MA Miniature Menageries, John Michael Kohler Arts Center, Sheboygan, WI Oh Deer!, Drive-by Gallery, Watertown, MA Critters, University Of New England Art Gallery, Portland ME 2010 Biennial, Center for Maine Contemporary Art, Rockport, ME Kingdom, Whitney Art Works, Portland, ME Pattern Recognition, Zero Station, Portland, ME Exquisite Corpse, Core Gallery, London, United Kingdom 2009 Justin Richel, Washington Art Association, Washington Depot, CT Lincoln: Man, Myth and Memory, Wadsworth Antheneum Museum of Art, Presented by the Amistad Center for Art & Culture, Hartford, CT 2008 Summer: Painting, Galerie Voss, Düsseldorf, Germany Pulling Ideas, Portland Museum of Art, Portland, ME Biennial Juried Exhibition, Center for Maine Contemporary Art, Rockport, ME Drawn From Maine, Nancy Margolis Gallery, New York, NY Betwixt & Between: Line, Color, Texture, Courthouse Gallery, Ellsworth, ME The Revolution Is Set- bring it to the table, Spring Gallery, Brooklyn, NY An Other World, Center for Maine Contemporary Art, Rockport, ME 2007 "Tiny", Whitney Art Works, Portland, ME Biennial, Portland Museum of Art, Portland, ME "The Other Biennial", Whitney Art Works, Portland, ME "Mr. President," Albany University Museum, Albany New York 2006 "Don't Know Much About History", Artspace, New Haven, CT "From Baja to Bar Harbor: Transnational Contemporary Art", ICA, Portland, ME 2004 Biennial Juried Exhibition, Center for Maine Contemporary Art, Rockport, "ME Portraits: A Group Show", Highland Artworks Gallery, Portland, ME "Small Works", Highland Artworks Gallery, Portland, ME "Exquisite Corpses Today", Bowdoin College Museum of Art, Brunswick, ME 2003 MECA Alumni Show, Institute of Contemporary Art, Portland, ME Biennial, Portland Museum of Art, Portland, ME 2001 "Domestic Revival: Victoria Mansion: Seen Through The Eyes of Contemporary Artists", Portland

Kataloge

Aktuelle Ausstellungen

Literatur

Die Historienmalerei galt in ihrer Blütezeit als Grand Genre; das Höchste der Künste. Meist großformatig und für öffentliche oder halböffentliche Räume gedacht, zeigten die Arbeiten große Momente sowohl der vergangenen als auch der aktuellen Geschichte. Paradoxerweise entstanden die Gemälde historischer Momente immer mit allegorischem Verweis auf die aktuelle Politik und Gesellschaft, während zeitgemäße Bilder in historische Szenerien und Gewänder gekleidet wurden, die dem Thema Autorität und Respekt verleihen sollten. Mit dem Wandel der Gesellschaft und dem Verlust der zentralisierten Macht von Kirche und Staat, die oftmals als treibende Kraft hinter diesen Kunstwerken standen, veränderten sich auch die Kunstwerke. Die Vorliebe für Figuren in klassischen Kostümen wich einem eher nüchternen Stil, dem Streben nach Exaktheit anstelle der Allegorie. Letztendlich stürzte das Grand Genre von seinem Platz an der Spitze des ästhetischen Gipfels und die Historienmalerei verschwand beinahe vollends. Generationen später zeigt uns Justin Richel, dass wir es mit unserer Verabschiedung vielleicht ein bisschen zu eilig gehabt haben. Das überspannende Thema in Richels Arbeiten ist die frühe amerikanische Geschichte und ebenso wie ihre Vorgänger sind diese Historienmalereien mit höchst aktuellen Inhalten aufgeladen. Sie wollen offensichtlich nicht nur alternative Vorstellungen der Staatsgründung zu zeigen, vielmehr sind sie eine bissige Stellungnahme gegenüber der Lage der heutigen Nation. Richels Serie "Big Wigs" verzichtet darauf, bekannte Figuren zu portraitieren, doch macht sie sich die aufwendigen stilistischen Mittel der historischen Portraitkunst zu eigen. Obwohl wir die Männer im Einzelnen nicht wiedererkennen, wird uns ihre Bedeutung durch die Wahl der formalen Mittel unmissverständlich kommuniziert: die steifen Uniformen, die selbstherrliche Körperhaltung, der geschnitzte oder goldverzierte Rahmen. Und natürlich die Perücken. Obwohl die Großen Perücken nur in der Theorie existieren - im Amerikanischen gelten wichtige Persönlichkeiten als big wigs - waren Perücken in Amerika einst Ausdruck von sozialem und politischem Status. In Richels satirischen Malereien wird jener Machtindikator nun verspottet und dekonstruiert. Die Männer und ihre Perücken werden übervölkert von Vögeln (und dem, was sie hinterlassen), sind wie Eulen geformt, von Blumen umwunden, die aussehen, als würden sie direkt dem Haar entspringen oder stehen lodernd in Flammen. Was auch immer mit den Perücken passiert, nie scheinen ihre Träger die Haltung zu verlieren; stets darauf bedacht, mit ihrem ernsten Gesicht den Schein der eigenen Bedeutung zu wahren, wirken sie unberührt angesichts der Gefahr, die über ihren Köpfen schwebt. Obwohl die Portraits einen gewissen Grad an Humor zeigen, der verstärkt wird durch den cartoon-artigen Malstil, zwingen sie uns dennoch, die Ehrfurcht zu hinterfragen, die wir dem Portraitieren - nicht selten auf Kosten der realen Personen, die hinter den Abbildungen stehen - bedeutender Persönlichkeiten entgegenbringen. Und obwohl die Portraits einen gewissen Humor zeigen, bergen sie doch auch immer einen Grad an Gefahr angesichts der Männer, die mutwillig das ignorieren, was um sie herum geschieht und die nur damit beschäftigt sind, Haltung und vielleicht sogar auch ihren Platz in der Geschichte zu bewahren. Auf den ersten Blick scheinen die "Sweets"-Bilder eine völlig unabhängige Serie zu sein, ohne Bezug zu den geschichtlichen und politischen Kommentaren aus Richels anderen Arbeiten. Ein Tornado aus wirbelnden Doughnuts, ein Tsunami aus Weingummi und Zuckerguss, ein Globus aus den verschiedensten Küchlein, Stuckverzierungen und Kandelaber aus perfekt geformten Süßigkeiten, Kuchen und Gebäck aller Art, die sich im Wettlauf zu klebrigen Türmen aufschichten und die kleine Picknickdecke am Boden zusammenschrumpfen lassen: dies sind beschwingte Malereien, kindlich in ihrer Ausgelassenheit, geradezu verliebt in all die leckeren Dinge auf dieser Welt. Aber sobald wir uns mitten in diese klebrigen Wonnen und wundervollen Farben stürzen möchten, schrickt der Erwachsene zurück bei dem Gedanken an die Magenverstimmung, sollte er der Versuchung erliegen. Das Kind in uns sucht die sofortige Befriedigung der Kampfesgier mit dem Erwachsenen, der weiß, dass des Guten zuviel nichts Gutes nach sich ziehen wird und dass es nicht immer in unserem Interesse sein kann, jedem kleinen Verlangen sofort nachzugeben. Es drängt sich der Begriff "Geltungskonsum" auf und wir werden gewaltsam aus unserem süßen Kindertraum gerissen, zurück in die harte Realität einer Gesellschaft, die Erfolg zu einem großen Teil an seinem Konsum misst. Mit den Worten des Künstlers: "Eine fehlerhafte aber dennoch funktionierende Infrastruktur. Eine zusammengewürfelte Gesellschaft bunter Versuchungen, immer in Konkurrenz um dieselbe hierarchische Position auf der Spitze des Berges". Plötzlich erscheinen die Bilder genau so politisch und ebenso wie die Illustration der amerikanischen Geschichte wie die Big Wigs. Der Erfolg in Richels Arbeit liegt in seiner Dichte und dennoch wird keine der Arbeiten als komplett abgeschlossen präsentiert. Seine Bilder bestechen schon allein in ihrer Ästhetik, geben aber auch inhaltlich viel Raum zum Nachdenken. Jedes Stück steht eigenständig für sich selbst und ist gleichzeitig Teil eines reichhaltigen Dialogs, der in einer visuellen Sprache geführt wird, die zwar vehement auf ihre kunsthistorischen Vorgänger verweist, aber dennoch die einzigartige Kreation des Künstlers bleibt. Obwohl einige spezifische Themen durchaus auf diese Sprache zurückzuführen sind, ist Richel sehr bedacht darauf, dem Betrachter viel Raum zum Erforschen und Entwickeln der Interpretationsmöglichkeiten zu geben. Dies hat zur Folge, dass seine Malereien bei wiederholter Betrachtung immer wieder neue Sichtweisen eröffnen. Politisch aufgeladene Themen erfolgreich in Angriff zu nehmen erfordert einen Balanceakt seitens des Künstlers: Das Werk muss dem Betrachter zugänglich sein, aber dennoch seine Komplexität bewahren; es muss seine Botschaft kommunizieren und gleichzeitig zahlreiche Deutungsmöglichkeiten bereitstellen. Ein zu sanfter Umgang mit der Arbeit birgt das Risiko, dass die Botschaft nicht gehört wird. Ein härterer Ton wirkt zu schnell belehrend; ein Diktat tritt an die Stelle des ermunternden Dialogs. Justin Richel meistert diesen Akt der Balance mit großer Eleganz und erweist sich mit nie da gewesener Nachhaltigkeit als ein überaus schöpfungsfreudiger Künstler.